Bindungsverhalten von Katzen ist dem von Hunden und kleinen Kindern ähnlich

Seit einigen Tagen ist in zahlreichen Medien von einer neuen Studie zum Bindungsverhalten von Katzen die Rede. Die Ergebnisse legen nahe, dass das Vorurteil der distanzierten Katze in der Realität nicht immer zutrifft. Im Versuch zeigten Katzen ein ähnliches Bindungsverhalten wie Hunde und kleine Kinder. Die Stärke der Bindung soll dabei auch im Alter erhalten bleiben. Spezielle Trainings änderten kaum etwas an einer einmal gefestigten Bindungstendenz. Stattdessen scheinen auch erbliche Faktoren wie Temperament und Charakter Einfluss auf das Bindungsverhalten zu nehmen.

Zwei Minuten Alleinsein für die Forschung

Für die Studie wurden zahlreiche Katzen einem Bindungs-Test unterzogen. Die Forscher der Oregon State University beobachteten das Verhalten der Katzen in drei verschiedenen Teststadien. In Stadium eins waren die Katzen zusammen mit ihrem Halter in einem unbekannten Raum. Nach zwei Minuten verließ der Halter den Raum, die Katze bleib allein in der fremden Umgebung. Nach weiteren zwei Minuten kehrte der Halter zurück.

Sowohl das Verhalten der Katze in der Allein-Phase als auch bei der Rückkehr der Bezugsperson wurde genau analysiert. Der Versuchsaufbau gleichte somit jenem, mit dem das Bindungsverhalten von kleinen Kindern und Hunden untersucht wurde. Am Versuch nahmen 70 Kitten im Alter von 3-8 Monaten und 38 Katzen über einem Jahr teil.

Halter können Katzen Sicherheit in fremder Umgebung geben

Die Ergebnisse zeigen starke Ähnlichkeiten zum Bindungsverhalten von Hunden und kleinen Kindern. So ließen sich auch die Katzen in zwei Bindungstypen einteilen: "sicher gebunden" und "unsicher gebunden". Die sicher gebundenen Katzen zeigten nach der Rückkehr des Halters ein verringertes Stresslevel und ausgeglichenes Nähebedürfnis. Sie erkundeten den Raum, spielten und kehrten in unregelmäßigen Abständen zum Halter zurück. Dabei zeigten sie aufgeschlossene, neugierige Körpersprache.

Katzen mit unsicherer Bindung zum Halter blieben gestresst und reagierten auf unterschiedliche Weise. Eine große Gruppe zeigte ambivalentes Bindungsverhalten: sie waren extrem anhänglich, fühlten sich aber bei Berührungen durch den Halter unwohl. Manche Katzen waren auch abweisend, zeigten kaum Reaktion auf die Rückkehr des Halters und vermieden Kontakt ("unsicher-vermeidendes Bindungsverhalten"). Eine weitere kleine Gruppe reagierte desorganisiert: Vermeidung und Angst bei der Rückkehr des Halters mischten sich mit ziellosem Umherwandern, Flucht vor dem Halter und Verstecken. Katzen mit unsicher-vermeidendem und desorganisiertem Verhalten zeigten insgesamt weniger Anzeichen für Trennungsstress.

Der Großteil der beobachteten Kitten hatte eine sichere Bindung zum Halter. Nur etwa ein Drittel wurde in die Kategorie "unsicher gebunden" eingeordnet. Die häufigste Reaktion dieser unsicheren Kitten war extreme Anhänglichkeit. Ähnliche Ergebnisse brachte die Beobachtung der erwachsenen Katzen. Auch ein sechswöchiges Bindungs-Training ausgewählter unsicherer Kitten führte nur zu minimalen Veränderungen in ihrem Verhalten.

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Bindungsverhalten von Katzen auch im Alter noch erhalten

Aus ihren Beobachtungen folgerten die Forscher, dass auch Katzen im Gegensatz zu vielen Vorurteilen eine starke Bindung zu ihrem Halter aufbauen können. Dabei sind sie Hunden und kleinen Kindern ähnlich, denn auch hier zeigt der Großteil der beobachteten Test-Teilnehmer eine sichere Bindung. Weiterhin scheinen die Beobachtungen zu bestätigen, dass diese Bindung im Alter bestehen bleibt.

Möglicherweise könnten erbliche Faktoren wie Temperament die Bindungstendenz einer Katze beeinflussen und zu dessen Stabilität beitragen. Das Verhalten des Halters, Erziehungsstil und positive Erfahrungen stärken das Band. Negative Erfahrungen können es beeinträchtigen.

Schwachpunkte der Studie

Die meisten Katzen werden nicht regelmäßig in fremde Umgebung gebracht. So können sie keine offene Neugier auf Neues entwickeln und positive Erlebnisse damit verbinden. Katzen gelten insgesamt eher als orts- denn personengebunden. Beide Punkte treffen auf Kinder und Hunde nicht zu. Diese sind es gewohnt, andere Umgebungen kennenzulernen und binden sich eher an Personen/Artgenossen. Katzen nimmt man mit solchen Versuchen also gleich zwei wichtige Bezugspunkte. Ein solcher Versuchsaufbau erschwert möglicherweise den Vergleich von Ergebnissen, das geben die Forscher selbst zu.

Auch hat der Grund-Charakter der Katze immensen Einfluss darauf, wie sie in unbekannten Situationen reagiert, erklärt die Katzen-Verhaltensforscherin Mikel Delgado der www.newsweek.com.

Um festzustellen, ob die Bindung über die Jahre gleich bleibt, ist dieser Versuchsaufbau meiner Ansicht nach nicht geeignet. Schließlich wurden nicht die gleichen Tiere im Lauf ihres Alterns beobachtet, sondern komplett unterschiedliche Tiere. Um wirklich aussagekräftige Vergleichswerte zu erhalten, hätten die gleichen Kitten in ein paar Jahren noch einmal dem gleichen Test unterzogen werden müssen.

Dass das Bindungsverhalten von Katzen nur kaum zu beeinflussen sei, wenn die Tendenz einmal feststeht, halte ich für eine wackelige Schlussfolgerung. Vor allem, weil das Bindungstraining nur kurzzeitig und außerhalb der gewohnten Umgebung der Katzen durchgeführt wurde. So wird im Grunde genommen nur trainiert, offener mit unbekannten Situationen umzugehen – die Bindung zum Halter verändert eine solche Durchführung nicht zwangsweise.

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6 Kommentare

  1. Hallo Miriam,

    vor einiger Zeit habe ich einen Bericht zu dieser Studie gelesen, ohne sie allerdings zu hinterfragen so wie du es getan hast. Du hast natürlich völlig recht mit der Kritik! Was bleibt, ist die Tatsache, dass Katzen sich an Menschen binden.
    Dazu gibt es ein wunderschönes Beispiel von Paul Leyhausen (Zoologe und Verhaltensforscher, spezialisiert auf Katzen). Vielleicht hast du die Geschichte sogar schon irgendwo im Blog?
    Paul Leyhausen kam nach langer Abwesenheit zurück in sein Elternhaus. Noch bevor seine Eltern mitbekamen, wer vor der Tür stand, raste die Hauskatze vom obersten Geschoss nach unten und warf sich dem verdutzten Paul direkt an den Hals.

    Liebe Grüße
    Sylvia

  2. Da meine Nachbarin ins Krankenhaus gekommen ist, hat sie mich gebeten, die Katze zu versorgen. Da gelassen hat sie viele kleine Runde Döschen mit Katzennahrung der Marke TOPIC. Diese bekommt sie 3 mal täglich. Die frisst Sie ganz gierig. Es ist keine eigentliche Hauskatze, sondern sie hat ihr Refugium in einem kleinen Schuppen am Haus. Was muss ich noch alles beachten? Welches Futter muss ich besorgen, was gut und nicht zu teuer ist?

    • Huhu Hartmut,
      schön, dass du dich kümmerst und dir Gedanken machst, obwohl es nicht dein Tier ist. Ich würde dazu raten, bei dem Futter zu bleiben, das die Katze kennt. Wenn du nicht genau weisst, ob die Katze anderes Futter verträgt oder mag oder ob sie gar gegen etwas allergisch ist, ist das sicherer. Dreimal am Tag ein Döschen hört sich auch gut an. Wenn das ihre gewohnte Tagesration ist, bleib dabei.

      Insgesamt ist es am besten, alles so zu machen, wie die Katze es gewohnt ist. Damit hat es nicht nur die Katze leichter, die Abwesenheit ihrer Halterin zu verkraften – auch du als "Stiefhalter" hast es einfacher: die Katze hat ihre Rituale und wird sich wohler fühlen, wenn diese beibehalten werden. Umso weniger groß ist das Risiko, dass sie schlecht frisst, unsauber wird oder unregelmäßig nach Haus kommt. Sofern die Katze (auch) drinnen aufs Klo geht, ist die Reinigung mindestens einmal am Tag natürlich Pflicht,

      Als Tipp würde ich dir vielleicht noch mit auf den Weg geben, die Katze alle paar Tage mal näher zu begutachten: hat sie Wunden, Zecken oder Flöhe? Bewegt sie sich normal? usw. So siehst du frühzeitig, ob irgendwas nicht stimmt. Wenn sie mag, streichle und bespiele sie einmal am Tag. Frage, wenn möglich die Halterin, wie die Rituale der Katze sind, was sie gern mag, spielt oder ob du ihr mit etwas Bestimmtem eine Freude machen kannst.

      Falls du weitere Fragen hast, meld dich gern. Bis dahin wünsche ich dir viel Spaß als Katzensitter!

      Liebe Grüße
      Miriam

  3. Toller Blog,
    bin seit 3 Tagen stolzer Kater-Papa geworden.
    Da ich südamerikanischer Abstimmung bin, sollte der Name entsprechend
    lateinamerikanisch oder spanisch klingen.
    Somit bekam er den Namen Tico (Mexikanisch).
    Entsprechend der Suche nach den richtigen Namen, bin ich auf diesen Blog gestoßen.
    MfG Jorge

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