Katzenfutter mit Insekten – eklig oder innovativ?

Insekten als alternative Proteinquelle sind immer mehr im Kommen. So ist es nicht verwunderlich, dass seit einigen Jahren auch immer mehr Katzenfutter mit Insekten im Handel erhältlich ist. Bis vor einiger Zeit betraf dies vor allem Trockenfutter. Seit Neuestem finden wir aber auch Insekten-Nassfutter in den Regalen der Zoofachgeschäfte. Grund genug, sich mit Hintergründen, Vorteilen und Risiken auseinander zu setzen.

Insekten als Proteinquelle: Vorteile für Umwelt, Katze und Mensch

Der weltweite Proteinbedarf steigt mit der wachsenden Bevölkerung. Da herkömmliche Massentierhaltung der Umwelt schadet, sind immer mehr Unternehmen und Menschen auf der Suche nach alternativen Proteinquellen. Eine Verwendung von Insekten für Lebens- und Futtermittel könnte dabei vielerlei ökologische Vorteile haben.

So sind sie leicht zu züchten, benötigen weniger Platz und verursachen weniger Kosten[1,2,3,5]. Auch Wasserverbrauch und -verschmutzung sind im Vergleich zur herkömmlichen Massentierhaltung geringer[1]. Es wird zudem vermutet, eine Insektenzucht in großem Maßstab könne weniger Treibhausgase produzieren als klassische Massentierhaltung[1,2,3,5]. Dabei sollen Insekten eine bessere Nährstoffbilanz aufweisen als beispielsweise Rind, Schwein und Huhn[1].

Die hohe Fortpflanzungsrate von Insekten erlaubt mengenmäßig größere und schnelle Produktion[1,2,3,5]. Auch der Futtermitteleinsatz fällt geringer aus: der Zusammenhang zwischen verfütterter Futtermenge und essbarem Insektenanteil ist effizienter[1,5]. Ein weiterer Vorteil ist es, dass viele Insekten nicht mit dem Menschen um Nahrung konkurrieren: so können beispielsweise Mehlwurm und Soldatenfliege mit organischem Abfall gefüttert werden[1,3]. Somit kümmern sie sich gleichzeitig noch um die Reduzierung von Biomüll.

Infografik: So entwickelt sich der Markt mit essbaren Insekten | Statista Mehr Infografiken finden Sie bei Statista

Insekten als Lebens- und Futtermittel: zwischen Tradition und Ekel

Bei dem Gedanke an Insekten auf dem Teller läuft den meisten Europäern wohl ein Schauer über den Rücken. Dabei ist das Essen der kleinen Krabbler (Fachbegriff “Entomophagie”) kein wirklich neuer Trend. Bereits im antiken Griechenland wurden bei uns Insekten verzehrt[1]. Auch in verschiedenen Schriften der großen Weltreligionen werden Insekten als Nahrung thematisiert[1,3].Ab Ende des 19. Jahrhunderts allerdings wandelte sich die gesellschaftliche Sicht: Insekten hatten einen zunehmend schlechten Ruf[1]. Sie gelten als Schädlinge, werden mit schlechter Hygiene, Unrat und Verwesung in Verbindung gebracht[1,3].

Dass das Gefühl “Ekel” anerzogen ist[1,3], zeigt sich vor allem darin, dass auch heute noch schätzungsweise zwei Milliarden Menschen weltweit regelmäßig Insekten essen[1,2]. Welche der über 2000 essbaren Insektenarten dabei verzehrt wird, hängt stark von Geografie und Tradition ab[1].

Schmerzempfinden von Insekten

Ob Insekten ein Schmerzempfinden haben, wird immer wieder heiß diskutiert. Eine verbreitete These ist es, dass sie zwar Schmerzen verspüren, dadurch aber nicht im herkömmlichen Sinn leiden[1]. Es soll sich dabei um einen reinen Schutzmechanismus handeln: wer angefressen wird, versucht, dies zu vermeiden. So ist die ethische Komponente des Insektenessens nicht leicht zu beantworten.

Zucht und Handel von Insekten als Proteinquelle

Aus ökologischer Sicht sollten Insekten in großen Mengen eher gezüchtet und nicht wild gefangen werden[1]. So kann eine weitere Umweltbelastung verringert und die Artenvielfalt erhalten werden. Anfang 2018 trat in Europa die “Novel Food”-Verordnung ((EU) 2015/2283) in Kraft. Sie regelt den Handel mit Insekten als Lebens- und Futtermittel. Ganz offiziell sind Insekten als wirbellose Landtiere – tot, lebendig und verarbeitet – im Einzelfuttelmittelkatalog der EU (Teil C, Punkt 9.16.1) zu finden[4].

Essbare Insekten dürfen nach der Novel Food-Verordnung nur dann als Lebensmittel in Verkehr gebracht werden, wenn sie zugelassen sind und eine gesundheitliche Bewertung durchlaufen haben[2,5]. Denn die für die Verarbeitung von tierischem Protein gezüchteten Insekten gelten als Nutztiere[4]. Entsprechend gelten auch hier ähnlich “strenge” Regeln wie bei herkömmlicher Massentierhaltung[2]. So ist die Verfütterung von Gülle, Wiederkäuerprotein, Küchen- oder Speiseabfällen an sie verboten[4]. Auch Fleisch- oder Knochenmehl ist als Futtermittel für Insekten nicht zugelassen[4].


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Mögliche Risiken und Probleme beim Verzehr von Insekten

Mögliche Gesundheitsgefährdungen und Sicherheitsaspekte im Zusammenhang mit dem Verzehr von Insekten sind momentan unzureichend erforscht[5,6]. So liegen nur ungenügende Datenmengen zu möglichen mikrobiologischen Risiken, Zoonosen, Toxinen und antinutritiven Eigenschaften vor[1,3,5]. Da Insekten in weiten Teilen der Welt regelmäßiger Teil des Speiseplans sind, wird für den Verzehr verarbeiteter Insekten – auch bezüglich Zoonosen – ein geringes Risiko vermutet[1,3,5]. Der enge Besatz bei der Massenzucht stellt Produzenten jedoch vor neue Herausforderungen[5].

So müssen spezielle Produktionsverfahren entwickelt und kontrollierte Haltungs- und Fütterungsbedingungen eingehalten werden[2,5,6]. Denn die Keimbelastung ist abhängig von Futter, Substrat und Haltungsbedingungen[5,6]. Zur Minimierung einer hohen Keimbelastung können Erhitzen, Einfrieren oder Entnahme des Darms beitragen[1,5,6].

Unbekannte Faktoren erfordern strenge Maßnahmen

Klar ist, dass Insekten Parasiten, Pilze und Prionen übertragen können[1,2,3,5,6]. Die in Insekten gefundenen Viren gelten als wirtsspezifisch und sollen nicht ansteckend für Mensch oder andere Tiere sein[6]. Besonders der Darm, aber auch die Körperoberfläche und Mundwerkzeuge der Insekten sind mit zahlreichen Mikroben besiedelt[5]. Darunter sind auch verschiedene Pilze[5]. Ein Großteil der jeweiligen Mikrobenarten sind unbekannt[5]. Zu den bekannten Bakterienarten zählen z. B. Salmonellen, Clostridien und Staphylokokken[5]. Quelle [5] enthält eine Übersicht über die in der EU als Lebensmittel zugelassenen Insektenarten und den relevanten Mikroorganismen. Problematisch ist, dass nicht wirklich erforscht ist, welche veterinärmedizinischen Arzneimittel für die eventuelle Behandlung von Insekten eingesetzt werden könnten[6].

Zu den antinutritiven Inhaltsstoffen zählen beispielsweise hitzestabile Thiaminasen, wie sie in manchen Seidenraupenarten vorkommen[3,5]. Sie lösen jedes Jahr zahlreiche Fälle von Ataxie in Nigeria aus[3,5]. Ein weiterer möglicher Risikofaktor sind Schadstoffe, Arzneimittelrückstände und Pflanzentoxine[1,2,6]. Die ermittelten Werte für Mykotoxine (Pilzgifte) liegen unter den in der EU zugelassenen Höchstmengen[1]. Der Gehalt an Schwermetallen lag jedoch darüber[1]: so sollen besonders Mehlwurm und Soldatenfliege das mit der Nahrung aufgenommene Cadmium in ihrem Körper anhäufen[1]. In manchen Insektenarten wurden auch Dioxine gefunden[5].

Achtung Allergie!

Insekten haben allergenes Potential, ähnlich wie Schalentiere, Meeresfrüchte und Krebstiere[1,2,3,5]. Auch Hausstaub- und Milbenallergiker können auf sie reagieren[2,5]. Insgesamt sind allergische Reaktionen beim Menschen jedoch bisher nur in einzelnen Fällen beschrieben[5]. Mit zunehmender Verbreitung von Lebensmitteln auf Insektenbasis ist ein Anstieg allerdings wahrscheinlich.

Insekten als Proteinquelle: viele gute Nährstoffe

Der Nährwertgehalt von Insekten ist abhängig von Futter, Haltung und Zubereitungsart[1,5,7]. Im Allgemeinen wird ihnen ein niedriger Kohlehydrat-, aber hoher Protein- und Fettgehalt nachgesagt[1,2,3,5]. So soll der Proteingehalt in der Trockensubstanz bei etwa 20-70% liegen – im Gegensatz zu 15-20% bei herkömmlichen Nutztieren[1,3]. Es scheint jedoch Anhaltspunkte zu geben, dass die hohen Proteinwerte vor allem auch durch die Chitinhülle der Insekten beeinflusst werden[11].

Chitin ist ein Polysaccharid (Kohlenhydrat, Vielfachzucker), das zusammen mit Proteinen und Calciumcarbonat den harten Panzer der Insekten bildet[3,5]. Es ist schwer bis gar nicht verdaulich und kann auch als Ballaststoff oder Dickungsmittel eingesetzt werden[3,5.11]. Je nach Insektenart soll der Anteil an Chitin etwa 5-15% ausmachen[3,5]. Insektenproteine gelten im Allgemeinen als gut verdaulich, durch das Entfernen des Chitins wird eine noch bessere Verdaulichkeit erreicht[1,5].

Je nach Nahrungsangebot liegt der durchschnittliche Fettgehalt von Insekten bei etwa 10-50% in der Trockensubstanz[1,3]. Dabei weisen Larven und Puppen einen höheren Gehalt als adulte Tiere auf[3].

Auch das Fettsäure- und Aminosäurenprofil von Insekten soll weit gefächert sein: sie enthalten viele einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren, sowie essentielle Aminosäuren[1,2,5,8,12,13]. Dabei soll das Fettsäurespektrum dem anderer tierischer Fette ähneln, wobei häufig mehr essentielle Fettsäuren enthalten sind[3,5].

Auch Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente sind in Insekten zu finden[2,3,5]: B-Vitamine, Eisen, Zink und Mangan kommen besonders reichlich vor. Aber auch Selen, Phosphor und Kupfer sind vorhanden[3,5]. Natrium und Calcium hingehen sollen eher in geringeren Mengen in Insekten vorhanden sein[3].

Fazit: Katzenfutter mit Insekten ist aus vielerlei Gründen keine schlechte Idee

Insekten dürfen mit derzeitiger Gesetzeslage nicht an Nutz-, aber an Heimtiere verfüttert werden[1]. Dabei gilt das Futtermittelgesetz bzw. die Futtermittelhygieneverordnung (EG Nr 183/2005)[4,5]. Es dürfen sowohl ganze, gemahlene Insekten oder auch nur deren Proteine und Öle eingesetzt werden.

Häufig werden in Hunde- und Katzenfutter vor allem die Larven der schwarzen Soldatenfliege (Hermetia Illucens) oder des Mehlkäfers (Mehlwurm, Tenebrio molitor) verarbeitet. Beide sind gut zu züchten und eignen sich auch nährwerttechnisch gut für die Ernährung unserer Stubentiger. Ihre Fettverdaulichkeit ist gut, die Proteinverdaulichkeit jedoch nur moderat[14]. Auch aus diesem Grund wird häufig eine Vermischung mit herkömmlichen Proteinquellen empfohlen[14].

Eine Studie zu Futter auf Basis von Larvenmehl der schwarzen Soldatenfliege zeigte eine gute Akzeptanz und Verdaulichkeit bei sieben von zehn beobachteten Katzen[14]. Drei der Katzen jedoch verweigerteten das Futter bzw. fraßen nur sehr wenig davon[14].

Im Hinblick darauf, dass sich Katzen auch in der Natur den einen oder anderen Insektensnack gönnen, sie als Proteinquelle sicher und nahrhaft sind, können Futter auf Insektenbasis zukünftig sicher eine zunehmend größere Rolle auf dem Heimtierfuttermarkt spielen.

Quellen und weitere Infos

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2 Kommentare

  1. Liebe Miriam,

    das ist ja wieder mal ein Superartikel, den du da geschrieben hast – ganz herzlichen Dank dafür!

    Hab’ schon gesehen, dass Mjamjam Futter mit Insektenprotein anbietet. Hast du es deinen beiden Damen schon vorgesetzt? Ich hab’ mich noch nicht getraut. Mir ist schon klar, dass der Ekel vor Maden anerzogen ist und mein Kopf sagt mir “ist doch eine gute Alternative”. Aber der Grusel vor wimmelnden Fliegenmaden ist einfach stärker. Wenn den Herrschaften hier die Jagdbeute nicht schmeckt, lassen sie sie unter den Hortensien im Laub liegen. Ich finde dann leider viel später die Leichen, in denen sich die Maden tummeln. Es schüttelt mich jetzt noch, wenn ich daran denke, wie ich aus Versehen da reingegriffen habe!

    Auf “wir-sind-tierarzt.de” ist ein recht kritischer Artikel über das Thema zu finden: “Insektensterben: Verkaufspreise von 470 Euro je Kilo Protein bedrohen wildlebende Bestände”. Als ich den las, dachte ich zuerst an einen Aprilscherz. Gibt es tatsächlich schon eine Zielgruppe für Insektensushi?

    Der Mensch ist wohl das größte Raubtier auf diesem Planeten – wie traurig
    findet Ursel

    • Huhu Ursel!
      Zum Mjamjam Insekt kommt kommenden Freitag was 😉 Was das Insektensushi und die Gefährdung der Wildbestände betrifft: in Deutschland ist beides kein Thema. Da gibts strenge Regeln zur Herstellung. Die Aufzucht muss kontrollierbar sein: kein Wildfang. Meines Wissens nach darf es als Lebensmittel auch nur verarbeitet (also nicht roh a la Sushi) sein. Da müsst ich aber nochmal recherchieren, um das mit Sicherheit sagen zu können. Im Zweifelsfall steht dazu aber auch was in den Quellen hier.

      Ob es dafür eine Zielgruppe gibt/gäbe: mit Sicherheit 😉

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