Rezension zum Buch “Katzenseele”

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Paul Leyhausen war Verhaltensforscher und Zoologe. Unter anderem studierte er Zoologie, Botanik und Tierpsychologie und widmete viele Jahre seines Lebens dazu, das Verhalten der Groß- und Kleinkatzen zu beobachten. Seine Beobachtungen des kätzischen Verhaltens wurden in zwei Büchern nieder geschrieben. So ist das Buch "Katzen – eine Verhaltenskunde" eine wissenschaftliche Abhandlung über Jagd- und Sozialverhalten verschiedenster Katzenarten. Das Buch, das ich euch heute vorstellen möchte, entstand in Zusammenarbeit mit Dr. Mircea Pfleiderer und trägt den Titel "Katzenseele".

Infos zum Buch:
Titel: "Katzenseele"
Verlag: Kosmos Verlag
Autor: Paul Leyhausen
Preis: ca. 10€ (gebraucht erhältlich)
ISBN: 978-3-440-09864-6
Seitenzahlen: 200 Seiten
Erscheinungsjahr: 1996 (1. Auflage) bzw. 2005 (2.Auflage)
Hardcover

Inhalt und Aufmachung

Das gesamte Buch ist in schwarz/grau/weiß gehalten: die Schrift ist schwarz auf mattweißem Papier, insgesamt 55 Zeichnungen in Grautönen lockern den Inhalt auf. Ebenso sind zwei Tabellen abgedruckt. Es sind keine Fotos enthalten. Die jeweiligen Überschriften sind in schwarzer Fettschrift verfasst.

Insgesamt besteht das Buch grob aus 14 Kapiteln. Nach einer zweiseitigen Einleitung folgt das erste Kapitel mit 6 Seiten. Es erklärt die Herkunft unserer Katzen. In Kapitel zwei geht es um die Domestikation der Katze, es erstreckt sich auf zwei Seiten. Im dritten Kapitel (6 Seiten) dreht sich alles um die Frage, ob Katzen tatsächlich Einzelgänger sind. Die folgenden 26 Seiten befassen sich mit der Verständigung und Kommunikation von Katzen untereinander. Sie bilden Kapitel vier.

Kapitel 5 zählt 6 Seiten und schildert Angriff und Abwehr und geht auf die verschiedenen Abstufungen und Mischformen ein. Zeichnungen und Tabellen verdeutlichen das Geschriebene. Die nächsten 6 Seiten bilden das sechste Kapitel und erklären das Sozialsystem von Katzengruppen. Das Jagdverhalten der Katzen wird auf den nächsten 44 Seiten – dem siebten Kapitel – behandelt. Das folgende Kapitel mit dem Titel "Betörte Katz´ – verliebter Kater" beschreibt das Paarungsverhalten von Katzen auf neun Seiten.

Passend dazu folgt der Inhalt über die Aufzucht der Kitten im neunten Kapitel. Es fasst ebenfalls 9 Seiten. Die folgenden 8 Seiten bilden das zehnte Kapitel, welches sich mit dem Denken und Lernen von Katzen auseinander setzt. Um das Leben der Wohnungskatze dreht sich das elfte Kapitel. Auf 31 Seiten werden Erziehung, Ernährung, Beschäftigung und das Thema "Partnerkatze" angesprochen.

Das zwölfte Kapitel dreht sich um Tierarztbesuche mit der Katze. Die 17 Seiten, die dieses Kapitel bilden erklären, welche medizinischen Termine wahrgenommen werden sollten, wie man sich und seine Katze darauf vorbereitet und wie man nach Operationen und Tierarztbesuchen mit der Katze umgehen sollte. Der Titel "Zucht: Irrungen und Wirrungen" wurde für das folgende – dreizehnte Kapitel – dieses Buches gewählt. Es nimmt 11 Seiten ein und schildert die Ansichten des Autors über verschiedene Zuchtpraktiken und -trends.

Das vierzehnte und letzte Kapitel schließlich erstreckt sich auf sechs Seiten. In ihm werden die Bedürfnisse von und der Umgang mit alternden Katzen angesprochen. Auch über Abschied und Lebensende wird geschrieben. Die nachfolgenden 5 Seiten beinhalten Glossar, Literaturverzeichnis und Register.

Was mir an diesem Buch gefällt

Im Buch wird deutlich darauf eingegangen, dass Katzen nicht pauschal Einzelgänger sind und in Wohnungshaltung dringend einen Katzenkumpel brauchen, da der Mensch nicht alle kätzischen Bedürfnisse erfüllen kann. Die Körpersprache und das Jagdverhalten sind detailliert und ausführlich beschrieben. Das Buch gibt Aufschluss darüber, welches Verhalten angeboren ist und welches erlernt wird. Was die Erziehung der Katze angeht, so macht der Autor deutlich, dass Strafen im Nachhinein nichts bringen und dass die Katze so keinen Zusammenhang zwischen "Tat" und Strafe mehr herstellen kann.

Wie wichtig Beschäftigung und körperliche Auslastung gerade für Wohnungskatzen ist, wird sehr deutlich gemacht und vor allem auch leicht nachvollziehbar erklärt. Der Autor weist darauf hin, dass Kitten, die erst mit einem Alter von drei bis vier Monaten von der Mutterkatze und ihren Geschwistern getrennt werden, viele Vorteile für ihre Gesundheit und den Umgang mit Mensch und Artgenossen genießen. Er gibt den Rat zur Fütterung mit Muskelfleisch und Knochen und stellt klar, dass die Nahrung der Katze zu mindestens einem Drittel aus frischem, rohen Fleisch bestehen sollte. Auch der Hinweis kein rohes Schweinefleisch zu verfüttern wird gegeben.

Die Tipps bezüglich der Vorbereitung und Fahrt zum Tierarzt sind hilfreich und deutlich. Ab Seite 176 erklärt der Autor unmissverständlich, warum Kitten erst mit 12, besser 16 Wochen von der Mutter getrennt werden sollen. Er stellt Parallelen zum Hospitalismus her und wird damit sehr deutlich. Das Kapitel über alte Katzen und den Abschied vom geliebten Stubentiger ist einfühlsam und gut geschrieben.

Was mir an diesem Buch nicht gefällt

Obwohl der Autor selbst beschreibt, wie unterschiedlich Spiel- und Raufverhalten von Kater und Katze ist, rät er zu genau dieser Konstellation und hält sie für eine Zusammenführung am besten. Er beschreibt, dass es für eine Zusammenführung hilfreich wäre, wenn beide Tiere dabei in Paarungslaune seien. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen vertritt er in dem Buch den Standpunkt, dass eine Kastration beim Kater erst mit eineinhalb Jahren, bei der Katze erst mit einem Jahr und nach der ersten Rolligkeit durchgeführt werden sollte. Eine Frühkastration hätte laut seiner Aussage mehr Nach- als Vorteile. Auch, wenn er die Nachteile der Potenz erklärt, die Überpopulation von Katzen anspricht und auch die Tatsache, dass potente Tiere ranghöher sind und teilweise unter enormen Druck stehen, vertritt er vehement diese Meinung.

Wer diesen Rat befolgt und zwei gemischt geschlechtliche, potente Tiere hält (am besten noch Geschwister, wie im Buch angeraten), wird wohl bald Probleme im Zusammenleben der Tiere haben, ebenso mit dem Gestank der Markierungen in den eigenen vier Wänden. Zudem ist es sehr wahrscheinlich, dass bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Autor frühestens eine Kastration empfiehlt, die körperlich noch nicht reife Katze bereits etwa zwei bis drei (Inzest-)Würfe ausgetragen hat. Das schadet dem Tier, seinem Halter und widerspricht den Bemühungen die Katzenpopulation einzudämmen. Dass Katzen bereits mit etwa 4 Monaten rollig und geschlechtsreif werden können, ebenso, dass sie sich beim Geschlechtsakt mit tödlichen Infektionskrankheiten anstecken oder aufgrund der körperlichen Unreife an Geburts- und Aufzuchtskomplikationen sterben können, wird nicht erwähnt. Mehrere Studien, welche bereits vor Veröffentlichung des Buches bzw. der zweiten Auflage veröffentlicht wurden (beispielsweise 1996, 1997 und 2000) belegen, dass eine Frühkastration für Katzen tatsächlich nicht mit gesundheitlichen Schäden einher geht.

Die Ansicht, dass Wohnungskatzen teilweise "verbotene Zonen" – also abgesperrte Räume – bräuchten, ist nach meiner Meinung ebenfalls nicht richtig. Fast Jeder, der einmal versucht hat, seine Katze aus den sonst zugänglichen Räumen auszusperren, weiss, dass sie dies mit Missmut, Kratzen, Jaulen und Unzufriedenheit quittiert. Zudem entspricht es nicht ihrem natürlichen Verhalten – das ja auch im Buch beschrieben wird -, dass sie gegen ihren Willen Verbote auferlegt bekommt, die für sie nicht nachvollziehbar oder gar bereits "erkämpft" worden sind. Stattdessen ist es auch in der Wohnung normal, dass sie zu mehr oder minder festgelegten Zeiten ihr Revier durchschreitet, nach dem Rechten sieht und ihren Verrichtungen nachgeht. Dies wird in der Natur nur durch ihre Artgenossen und die unausgesprochenen Regelungen zur "Teilzeit-Nutzung" bestimmter Bereiche begrenzt.

Ebenfalls vollkommen unverständlich ist die Aussage "Hauskatzen sind keine reinen Fleischfresser mehr wie ihre wilden Stammverwandten". Nach Jahrtausenden der Evolution der Katze ist ihr Organismus voll auf Fleisch ausgelegt. Die wenigen Jahrzehnte, die eine Katze mit Fertigfutter und damit oft wider dieser Entwicklung gefüttert wird, bewirken keinen sprunghaften Evolutionsschritt, der sie plötzlich zu Individuen macht, welche weniger auf tierische Bestandteile angewiesen wären. Jede Katze, die bereits aufgrund zu hoher pflanzlicher Beimischungen zum Futter erkrankt ist (und das sind leider zahlreiche), wird das bestätigen können. Auch beim Blick auf Anatomie und Verdauungsvorgänge kann man über so eine Aussage nur den Kopf schütteln.

Eine weitere Aussage zur Ernährung macht ebenfalls stutzig: es wird erklärt, dass Katzen ohne Zugang zu Gras kränklich werden und auch so aussehen. Der Rat, einer nierenkranken Katze eine eiweißarme Diät und "Nudeln, zerdrückte Kartoffeln oder Reis mit Bratensoße" zu füttern, ließ mich vollends verzweifeln.

Wenn es um Tierarztbesuche geht, vertritt der Autor die Meinung, dass man als Katzenhalter während der Behandlung der Katze besser nicht mit im Sprechzimmer bleiben soll. Das ist für die Besprechung der Diagnose, der Behandlung und für das Mitsprache- und Vetorecht des Dosis nicht förderlich. Das Kapitel über Zucht ist sehr einseitig gestaltet und wirft mit einigen Vorurteilen und falschen Informationsschnippseln um sich. Der Autor bekennt sich deutlich dazu, dass er strikt gegen die Katzenzucht ist und differenziert mit keinem Wort. Meiner Meinung nach hat so eine voreingenommene Hasspredigt (so muss man es leider schon fast nennen) in einem Sachbuch nichts zu suchen.

In diesem Kapitel zeigt der Autor auch deutlich, dass er wenig Ahnung von Zucht und Genetik hat. So spricht er von einem genetischen Defekt/einer Mutation bei der Tatsache, dass der Großteil aller dreifarbigen Kater steril seien. Genau andersherum wäre es nämlich richtig: die Dreifarbigkeit an sich ist eine Mutation, sie bringt nämlich ein zweites "X"-Chromosomen mit sich, das Kater normalerweise nicht haben und welches dann oft zur Unfruchtbarkeit führt. Dass der Autor indirekt die Zuchtbemühungen für diese natürliche Kausalkette verantwortlich macht, macht ihn leider nicht besonders überzeugend.


Fazit für mich:

Ich persönlich hätte von einem Buch mit dem Titel "Katzenseele" etwas gänzlich anderes erwartet als ein 0815- Sachbuch, das zudem noch mit teilweise haarsträubenden Falschinformationen aufwartet. Der Titel impliziert, dass es um die Seele der Katze geht, um ihr Verhalten, ihr "Innenleben" und Begründungen für so manches Verhalten. Dies wird jedoch nur teilweise angesprochen.

Das Buch enthält viel veraltetes und einseitig gefärbtes Wissen, was meiner Meinung nach heute nicht mehr zu gebrauchen ist. Ich kann nicht sagen, ob der Wissensstand zur Erstveröffentlichung derart gelagert war, bin jedoch überzeugt davon, dass zur Veröffentlichung der zweiten Ausgabe moderneres Wissen bereits vorhanden und veröffentlicht war. Dass dies nicht als Ergänzung/Verbesserung mit eingeflossen ist, ist mir unverständlich.

Die Inhalte zu Verhalten und Kommunikation sind zweifellos sehr gut, ausführlich und fundiert. Dafür ist Herr Leyhausen bekannt und wird von vielen (einschließlich mir) aufgrund dessen hoch geschätzt. Leider geht es mit dieser Sachlichkeit und Kompetenz ab etwa der Hälfte des Buchs steil bergab. Man möchte glatt rufen "Schuster, bleib bei deinen Leisten!" – Verhalten und Kommunikation sind dein Wissensgebiet, von allem Anderen scheinst du leider kaum Ahnung zu haben. Von uns gibt es keine Empfehlung zu diesem Buch. Es gibt mittlerweile weitaus bessere Bücher, die zeitgemäßeres Wissen vermitteln.

Mein Fazit in Kürze
Paul Leyhausen, "Katzenseele", 2. Auflage, Preis ca. 10€
Optik & Struktur
 
Lesefreundlichkeit
 
Praxisbezug
 
für Anfänger

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